10 Fitness Probleme nach der Knie-OP

By Katrin Glunk

Februar 17, 2015


Fitness Probleme nach schweren Knieverletzungen sind die Regel. Neben Konditionsproblemen klagen Patienten über weitere gestörte Fähigkeiten in ihrem Kniegelenk. Betroffenen berichten von einem Wackelknie, Langsamkeit, Knacksen, müden Muskeln, Wegknicken, Knirschen, unrunden Bewegungen, Gefühlslosigkeit, Kontrollverlust, fehlende Kraft und vieles mehr. Was steckt trainingstechnisch hinter diesen verlorenen Fähigkeiten? Dieser Artikel sortiert die Fitness Probleme und gibt einen Hinweis, wie ein systematisches Training nach Knieverletzungen aussieht.

Physiotherapie zu kurz und selten

Die verschiedenen Probleme in der Fitness lassen sich nach eingehender Untersuchung und systematischer Befragung in unterschiedliche Trainingsbereiche aufspalten und entsprechend trainieren – das ist die Theorie.

Die Praxis sieht in Deutschland leider anders aus. Physiotherapeuten sind aufgrund der kurzen Behandlungseinheiten (20 bis 30 Minuten incl. Umziehzeit) gar nicht in der Lage einen individuellen Trainingsplan für den Patienten auszuarbeiten. Oft werden die angeforderten ärztlichen Nachbehandlungs- und Trainingspläne nur modifiziert bzw. ergänzt. Diese Anleitungen beinhalten aber kein ganzheitliches Training – die Nachbehandlungspläne konzentrieren sich auf das verletzte Kniegelenk.

Die Physiotherapeuten leiten den Knie-Patienten an, damit er das Knie-Training darüber hinaus fortzusetzt. Betroffene, die sich ausschließlich auf ihre Krankengymnastik und die Nachbehandlungspläne verlassen – sind aufgeschmissen, zumindest was ihre ganzheitliche Fitness anbelangt. Die Folge, die Patienten sind auf sich alleine gestellt. Sie bewältigen mit einem „selbstgestrickten“ Training ihre Knie-Rehabilitation – einige erfolgreich, andere weniger. Genau, hier liegt der „Hund begraben

Fitness Training „verschlimmert“ nach Knie OP

Ich verbringe sehr viel Zeit im Fitness Studio, entsprechend sehe ich viele Knie-Patienten eigenständig trainieren. Das ist absolut sinnvoll und wichtig.

Doch mitunter gibt es, „frisch“ am Kreuzband operierte Sportler – die Gehhilfen noch dabei – sie trainieren mit schmerzverzerren Gesicht an der Beinstrecker-Maschine (Leg-Extension). Im Geiste, höre ich schon das Kreuzband „krachen“. Wahnsinn, denke ich – wer hat diese Patienten im Vorfeld angeleitet?

Andere Knie-Patienten wiederum, trainieren im Studio „plätschernd“ vor sich hin. Acht Wochen nach der Kreuzband-OP liegen immer noch mit 20kg auf der Beinpresse. Lustlos, teilweise gelangweilt wird das Trainingsprogramm durchgezogen. Fortschritte? Fehlanzeige! Bei diesen Sportlern findet der Muskelaufbau jedenfalls nicht im Training statt. Kein Wunder, der Trainingsreiz fehlt. Diesen Sportler wäre mehr geholfen, wenn sie Treppensteigen würden, da stemmen sie nämlich ihr ganzes Körpergewicht, einbeinig!

Fitness Probleme nach Knieverletzung ein Learning by doing

Was aber tun? Der Orthopäde rückt ein neues Physiotherapie-Rezept nur noch wiederwillig heraus, die ambulante Reha ist nicht genehmigt. Im Fitness-Studio arbeiten lauter nette Aushilfen, die aber wenig Plan, von meiner Knieverletzung haben. Ein Personal Trainer findet sich nicht in meinem  Bekanntenkreis und für Fachbücher fehlt die Zeit.

10 Fitness-Baustellen nach der Knieoperation

Dieser Artikel stellt im Folgenden die gestörten Fitness-Teilbereiche nach Knieoperationen zusammen. Der Überblick erleichtert ein systematisches Training nach Verletzungen am Knie und dient damit als Ausgangsbasis für einen eigenen ausgewogenen Trainingsplan. Ich verstehe unter Training einen zielgerichteten und vor allem planmäßigen Prozess.

Die verschiedenen Trainingsbereiche sind mit möglichst wenigen Fachwörtern erläutert und  bewusst in vereinfachter Form kategorisiert. Die Aufstellung bietet damit einen besseren Anhaltspunkt für das Eigenständige Training nach Knieverletzungen.

1. Kardiovaskuläre Ausdauer oder Kondition

Kardiovaskuläre Ausdauer ist die Herz- und Blutgefäße betreffende Ausdauer. Die Ausdauer beschreibt die Fähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung mit der Atmung, ausreichend Sauerstoff aufzunehmen, zu verarbeiten und im gesamten Körper (und damit auch Muskeln) zu verteilen.

Beispiel: Schlechte Kondition – Die Kurzatmigkeit nach vergleichbar wenig Anstrengung.

2. Stärke oder Kraftausdauer

Die Fähigkeit ein oder mehrerer Muskelfasern über einen längeren Zeitraum Kraft zu erzeugen. Im Prinzip die Zeit bis eine muskuläre Ermüdung eintritt.

Beispiel: Radfahren nach der Kreuzband-OP – die Beinmuskulatur ermüdet schneller.

 3. Kraft oder Schnellkraft

Die Fähigkeit ein oder mehrerer Muskelfasern über einen kurzen Zeitraum Kraft zu erzeugen.

Beispiel: Das dünne Bein – Folge der Abnahme des Muskelquerschnitts nach einer Kreuzband- oder Knie-OP.

4. Flexibilität oder Beweglichkeit

Die Fähigkeit des Kniegelenks seinen vollen physiologischen Bewegungsumfang auszunutzen. Nicht zu verwechseln mit Gelenkigkeit – diese ist genetisch durch die Stellung der Gelenke festgeschrieben.

Beispiel: Beugung und Streckung im Knie – fehlende Kniestreckung oder Streckhemmung nach Kreuzbandoperationen oder Knie-TEP-Operationen.

5. Geschwindigkeit oder Explosivkraft

Die Fähigkeit, eine Bewegung in kürzerer Zeit auszuführen. Optimierung von Bewegungen auf der zeitlichen Dimension. Dazu gehört auch die größtmögliche, auszulösende Kraft gegen einen Widerstand.

6. Koordination oder Sensomotorik

Fitness Probleme nach Kreuzband OP
Fitness Probleme vor allem Koordination nach Kreuzband OP | Foto: knie-marathon.de

Die Fähigkeit verschiedene Teilbewegungen zu einer ganzen komplexen Bewegung zu kombinieren und darauf abzustimmen. Die Umsetzung der Umweltreize in körperliche Bewegungen, das Anspannen und Loslassen von Muskulatur zum richtigen Zeitpunkt und in der korrekten Intensität.

Beispiel: Verletztes Bein beugen – Beinmuskulatur kurz nach der Knie-OP anzuspannen bereitet Probleme, da die Muskel-Nerv Koordination fehlt.

7. Agilität oder Anpassungsfähigkeit

Die Fähigkeit möglichst schnell einen Bewegungswechsel herbei zu führen. Das heißt, zwischen verschiedenen Bewegungsmustern schnell zu wechseln. Sehr wichtige Fähigkeit vor der Rückkehr zum sportartspezifischen Training.

Beispiel: Vor der Rückkehr zum Fußball – Ballannahme, Drehung und vorwärts rennen.

8. Balance oder Gleichgewicht

Fähigkeit den Körperschwerpunkt im Verhältnis zu seiner Auflagefläche zu optimieren. Das heißt, für ein Gleichgewicht zu sorgen.

Beispiel:  Auch oft im Alltag ein Problem  – mit geschlossenen Augen, auf einem Bein zu stehen.

9. Exaktheit oder Präzision

Die Fähigkeit eine Bewegung, in ihrer Intensität als auch im Raum zu kontrollieren.

Beispiel: Die Dosierung von Bewegungen, z.B. Ball beim Abstoß zu schießen.

10. Mentale Fitness oder Psyche

Die Fähigkeit eine schwere Knieverletzung aktiv, psychisch zu verarbeiten, um eine spätere Unsicherheit im Alltag, Job und Sport zu reduzieren.

Beispiel: Die Sorge eine Reruptur (Revision am Kreuzband) zu erleiden, verhindert das Sportler (trotzt intaktem Knie) zu ihrem „alten“ Leistungsniveau zurückkehren.


Die verschiedenen Teilbereiche gehören in jeder Rehabilitation nach einer Knieverletzung und vor allem nach der „Rezept-Zeit“ aktiv trainiert. Teilweise bauen die Fitness-Bereiche aufeinander auf oder greifen ineinander. Alle Fitness Probleme gehören beseitig bevor eine Rückkehr zum Wettkampfsport stattfindet.

Über die Autorin

Dipl. Psychologin Katrin Glunk | Personal Coach, Fitness- und Reha-Trainerin.

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