Ein unbehandelter Wurzelriss (Wurzelläsionen) am Meniskus bedeutet ein Funktionsausfall im Kniegelenk und führt unweigerlich zur Kniearthrose (Gonathrose). Der Meniskus ist mit seiner C-förmigen Knorpelstruktur (C-Form) eine der wichtigsten Strukturen im Kniegelenk. Die beiden Knorpelscheiben (Hinter- und Vorderhorn) fungieren als Stoßdämpfer und Stabilisatoren. Genau diese Funktion ist bei einem Riss an der Meniskuswurzel nachhaltig außer Kraft gesetzt.
Gerissene Wurzel fördert Risiko für Kniearthrose
Ein Wurzelriss, Wurzelläsion oder Wurzelverletzung (engl. root tear) beschreibt einen Abriss der menisko-tibialen Bandinsertion oder einen Radiärriss des Meniskus nahe der tibialen Insertion [2,3].
Der Innen- und der Außenmeniskus sind wichtige Strukturen für die Funktion des Knies in sämtlichen Belastungssituationen. Die Hauptfunktion der Menisken besteht in der Druckaufnahme von Tibia (Schienbein) und Femur (Oberschenkel). Der halbmondförmige Meniskus ist in seiner Feinstruktur ringförmig aufgebaut (sogenannte Ringspannung). Reißt die Meniskuswurzel ganz oder teilweise ab, entfallen dessen knöcherne Verankerungen und damit auch die wichtige Ringspannung.
Totaler Crash im Meniskusgewebe
Die Fähigkeit des Meniskus verschiedene Lasten zu absorbieren steht im direkten Zusammenhang mit der Zugkraft auf die Wurzeln im Meniskus. Eine eingerissene Meniskuswurzel oder ein kompletter Wurzelriss führen folglich zu einer stark veränderten Druckverteilung. Bei Belastung verteilt sich der Druck nicht mehr auf die gesamte Meniskusfläche, sondern nur noch auf ein begrenztes Areal. Dieser Bereich der Knorpelschicht wird damit dauerhaft überproportional belastet, mit der Zeit entsteht ein begrenzter Knorpelschaden. Unbehandelt, wird die Knorpelverletzung immer größer – wie ein Schlagloch in der Straße. Am Ende droht die Kniearthrose (Gonathrose). Einzige Ausnahme des kompletten Funktionsverlustes ist ein posterolateralen Wurzelriss bei dem das Ligmentum meniscofemorale noch erhalten ist.
Interessanterweise treten die meniskofemoralen Bänder (Ligamenta meniscofemoralia) beim Menschen unterschiedlich häufig auf:
- Das Ligamentum meniscofemorale posterius (Ligamentum Wrisberg) hinter dem hinteren Kreuzband verlaufend.
- Das Ligamentum meniscofemorale anterius (Ligamentum Humphry) vor dem hinteren Kreuzband verlaufend.[1]
Das Ligamentum Wrisberg ist mit einer Häufigkeit um 70 % häufiger vorhanden als das Ligamentum Humphry mit einer Häufigkeit von ca. 50 %. Die Bänder sind bei jüngeren Kniepatienten häufiger nachweisbar als bei älteren Menschen. Die Ursache könnte in einer späteren Degeneration der Bänder liegen. [1]
Trauma oder Verschleiß bei Wurzelrissen am Meniskus
Meniskuswurzelrisse betreffen vor allem die Hinterhornwurzeln des Innnen- oder Außenmeniskus. In der Praxis unterscheiden die Mediziner zwei Arten von Meniskuswurzelläsionen:
- Akute Risse von Außenmenisken, die meist mit Bandverletzungen zusammen auftreten (7–12 % der vorderen Kreuzbandrisse) bei eher jüngere Patienten,
- Verschleißbedingte (degenerative) Meniskusläsionen von oft übergewichtigen Patienten, die häufig die innere Hinterhornwurzel des Innenmeniskus betreffen. [4]
- Grad I: Wurzelabriss mit intaktem (intakten) Ligmentum meniscofemorale,
- Grad II: Radiärriss mit intaktem (intakten) Ligmentum meniscofemorale,
- Grad III: Wurzelabriss oder Radiärriss mit Ruptur oder Fehlen der Ligmentum meniscofemorale.
MRT und Wurzelverletzungen am Meniskus
Bei der Diagnose einer Meniskusläsion ist die Magnetresonanztomographie (MRT) das bildgebende Verfahren der ersten Wahl. Bei Verdacht auf einen Wurzelriss bedarf es einen erfahrenen Radiologen zur Beurteilung der Bilder.
Therapie bei einem Wurzelriss
Die Behandlung des Wurzelrisses richtet sich nach:
- der Art des Wurzelrisses
- dem Zeitpunkt der Meniskusverletzung (akut oder chronisch),
- den Begleitverletzungen (z.B. VKB-Ruptur)
- der Rissform im Meniskus,
- dem Zustand des Knorpels und bei der posterolateralen Wurzelläsion dem Vorhandensein der Ligmentum meniscofemorale.
Die schwerwiegenden Langzeitfolgen einer Meniskusverletzung an der Wurzel und den meist unbefriedigenden Ergebnissen nach einer konservativer Behandlung oder Meniskusteilentfernungen, legt eine operative Refixation der Meniskuswurzel nahe. Akute Radiärrisse am Meniskus werden meist mit einer horizontalen Naht oder sich kreuzenden Nähten versorgt. Wurzelabrisse fixieren Kniechirurgen mit oft mit transtibialen Nähten.
Einzelne Mediziner ziehen die Fäden zur Fixation im Fall einer gleichzeitigen vorderen Kreuzbandersatzplastik ebenfalls durch den tibialen Bohrkanal der Kreuzbandplastik. Da der tibiale VKB-Bohrkanal nicht dem anatomischen Punkt der Meniskuswurzel übereinstimmt – erhöht sich gleichzeitig die Meniskusspannung – bestenfalls ein „Kompromiss“.
Meniskuswurzel operieren – aber nur vom Spezialisten
Ein Wurzelriss erfolgreich zu operieren, erfordert viel Erfahrung und Können. Da diese Rissart nicht so häufig im OP-Alltag vorkommt, sollten nur sehr erfahrene Kniespezialisten für die Refixation der Meniskuswurzel in Frage kommen. Eine entsprechend umsichtige Auswahl des Operateurs ist ein absolutes Muss.
Nachbehandlung von Wurzelrissen
Die postoperative Nachbehandlung eines Wurzelrisses muss vorsichtig erfolgen. In der Regel findet eine Teilentlastung an Unterarmgehstützen für sechs bis acht Wochen statt. Der passive Bewegungsumfang wird schmerzadaptiert vom Operateur freigegeben, wobei eine Kniebeugung über 90° für mindestens drei Monate vermieden werden muss. Im Fall von weiteren operativen Versorgungen, wie z. B. einer vorderen Kreuzbandplastik wird das Nachbehandlungsschema vom Kniespezialisten entsprechend angepasst.
Fazit für den Patienten bei einem Wurzelriss
Bei Meniskuswurzelverletzungen handelt es sich um eine schwerwiegende Knieverletzung. Der Wurzelriss kommt funktionell gesehen einer totalen Meniskusentfernung (Meniskektomie oder Meniskusverlust) gleich.
- Nach der Datenlage ist eine Refixation der Meniskuswurzel zu empfehlen, wobei die Indikation bei fortgeschrittener O-Beinathrose (Varus-Gonarthrose) geprüft werden muss.
- Meniskuswurzelrisse führen zu erhöhten Knorpelbelastungen und damit zu verfrühter Arthrose im Kniegelenk.
- Die Wurzelrefixation (transtibial oder mit Ankern) ist der Teilresektion von Meniskusgewebe und der konservativen Behandlung überlegen.
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Quelle:
[1] C. M. Gupte, A. Smith, I. D. McDermott, A. M. J. Bull, R. D. Thomas, A. A. Amis Meniscofemoral ligaments revisited (2002) In: The Journal of Bone & Joint Surgery (Br).
[4] Ozkoc G., Circi E., Gonc U. et al (2008) Radial tears in the root of the posterior horn of the medial meniscus. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 16:849–854
[2] Vyas D., Harner CD. (2012) Meniscus root repair. Sports Med Arthrosc 20 (2):86-94.
[3] West RV., Kim JG., Armfield D., Harner CD (2004) Lateral meniscal root tears associated with anterior cruciate ligament injury: Classification and management. Arthroscopy 20 (Supplement 1): e32-e33