Das Fußballfieber kurz vor der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien steigt. Wenige Tage vor der dem Anpfiff der WM verkündigt Jogi Löw, dass Sami Khedira mit der deutschen Nationalelf nach Brasilien fliegt. Nach seinem Kreuzbandriss im Länderspiel gegen Italien (Oktober 2013) scheint er wieder „WM-fit“ zu sein.
Anfälliges Kniegelenk im Fußball
Das Kniegelenk ist zusammen mit dem Sprunggelenk die zweithäufigste Verletzungsregion im Sport. Hier spielen sowohl der direkte Gegnerkontakt als auch Mechanismen wie Drehungen des Oberkörpers bei festgestelltem Fuß, schnelle Richtungsänderungen und Stop-Go-Belastungen eine wichtige Rolle.
Die meisten Sportverletzungen am Kreuzband entstehen, wenn der Fußballer im Knie nach innen wegknickt oder sich das Kniegelenk verdreht. Dies kommt im Fußballspiel häufig bei der Landung auf dem Boden nach einem Kopfball bzw. Sprung oder beim Abbremsen nach einem Sprint vor.
Sportlerkarriere nach Kreuzbandriss
Früher bedeutete ein Kreuzbandriss bei etwa 30 % der Bundesligaprofis das Ende ihrer Karriere (FIFA Medical Centre Regensburg). Heute kehren nahezu alle Profifußballer nach einem Kreuzbandriss zurück. Auch im Amateursport müssen weniger Hobbyspieler ihre Leidenschaft für Fußball aufgrund einer isolierten Kreuzbandverletzung aufgeben.
Dennoch mit mehr als einem halben Jahr Sportpause muss der Profi rechnen – dem Amateur rät der Arzt meist ein Jahr abzuwarten; wobei im Frauenfußball besondere Vorsicht gilt.
Profisportler kürzere Pause nach Kreuzbandriss OP
Während der gewöhnliche Kreuzbandriss Patient meist bis ein Jahr und länger mit seiner Knieverletzung „rumdoktert“, kämpfen sich Profifußballer scheinbar mühelos in wenigen Monaten an die Weltspitze zurück.
Doch eine so schnelle Kreuzbandriss Reha gelingt nicht in allen Fällen. Pechvogel Holger Badstuber (25) ist seit seinem vorderen Kreuzbandriss (Dezember 2012) und vier Knieoperationen immer noch eingeschränkt.
Nach der ersten vorderen Kreuzbandplastik bei Badstuber, folgte eine Nachoperation zur Entfernung der Verwachsungen (März 2013).
Ein intensives Lauftraining – die „frische“ Kreuzbandplastik hielt nicht durch. Es folgte die Revisionsoperation mit zweizeitigen Vorgehen. Zunächst das Auffüllen der Bohrkanäle (Spongioplastik) und Monate später die zweite Kreuzbandplastik mit der Patellarsehne der Gegenseite. Doch auch bei ihm geht es langsam wieder aufwärts. Im Mai 2014 absolvierte Badstuber zumindest ein individuelles Schuss-Training.
Turbo Kreuzbandriss Reha im Profisport
Eines steht fest, Kreuzbänder in Form von entnommenen Sehnen und Knochen benötigen beim Profisportler, die gleiche Heilungszeit wie beim Nichtsportler. Der körpereigene Umbauprozess der Sehne zum Band lässt sich nicht beschleunigen.
Der feine aber entscheidende Unterschied besteht in der postoperativen Nachbehandlung. Hier stehen dem Profi eine individuelle physiotherapeutische Rundumbetreuung und ein ganzes Ärzteteam zur Verfügung. Eine Ressourcenbeschränkung wie beim Kassenpatient gibt hier natürlich nicht – Allein die WM-Elf begleiten drei Ärzte und vier Physiotherapeuten sowie zwei Fitnesstrainer und ein Sportpsychologe nach Brasilien.
Der Profifußballer befindet sich zudem vor seinem Kreuzbandriss in einem austrainierten Zustand. Die muskuläre Ausgangsituation ist mit dem eines normalen Sportlers nicht vergleichbar.
Zusätzlich wird im Leistungssport die mentale Einstellung nach Verletzungen psychologisch betreut. Sportpsychologen arbeiten intensiv mit den ex-verletzen Sportlern, um ab dem ersten Spieleinsatz, die volle Leistung abzurufen. Fußball spielen mit „angezogener“ Handbremse, kurzes Zögern beim Absprung, halbherzige Zweikämpfe haben keinen Platz im Profisport.
Außerdem unterliegt der Profispieler einen hohem Leistungsdruck – schnell wieder spielen müssen, führt beim Spieler zwangsläufig zur Akzeptanz von höheren Risiken. Das Kniegelenk eines Profifußballers in zehn Jahren interessiert zu diesem Zeitpunkt keinen Menschen – anscheinend nicht mal den Spieler selbst.
Der ehemalige Nationaltorwart Toni Schumacher (60) spielte jahrelang ohne vorderes Kreuzband. Er stabilisierte sein Kniegelenk allein mit seiner perfekt trainierten Oberschenkelmuskulatur – jetzt im fortgeschrittenen Alter, die ausgeprägte Kniearthrose und Schmerzen jeden Tag.
Ein Profisportler lässt sich möglichst innerhalb weniger Tage am Kreuzband operieren. Er nimmt keine Rücksicht auf eine verfrühte Knie OP inmitten einer noch vorhandenen Entzündungsreaktion. Die Notwendigkeit eines raschen Spieleinsatzes lässt die Wahl oft auf ein einzeitiges statt zweizeitiges OP-Vorgehen fallen – Hauptsache der Wettkampfeinsatz ist gesichert.
Begleitverletzungen spielen eine untergeordnete Rolle
Verletzungen des Meniskus in Form eines frischen basisnahen Riss sind mit einer arthroskopischen Meniskusnaht zu versorgen. Doch auch hier spielt der Zeitdruck im Profisport eine entscheidende Rolle. Eine sechswöchige Entlastungsphase des Kniegelenks ist oft nicht einhaltbar – deshalb wird eine (Teil)resektion des Meniskus vorgezogen. Diese Entscheidung „bezahlt“ der Spieler vor allem bei einer Komplettresektion langfristig mit seiner Gesundheit.
Die Entwicklung einer vorzeitigen Arthrose im Kniegelenk (Gonarthrose) ist vorbereitet. Das gleiche Problem tritt bei der Behandlung von Knorpelschäden auf. Hier ist eine Knorpel-Knochentransplantation oder eine autologe Chondrozytentransplantation (ACT) angezeigt; das bedeutet aber eine Spielpause von mindestens einem Jahr.
Aktiver Fußball nach Kreuzbandriss
Ärztlich verordnete Pause nach Kreuzbandriss OP einhalten. Davor ausschließlich Reha-Sport und Lauftraining. Genug Zeit und Ruhe dem verletzten Knie gegönnt – dann geht es nach etwa neun Monaten weiter.
Intensive sportartspezifische Vorbereitung
Stattdessen die letzten Monate vor Fußball-Trainingsbeginn gut nutzen. Denn jede Bewegung und Belastung im Fußballspiel muss in der Trainings- und Vorbereitungsphase wieder trainiert und geübt werden, damit der Körper weiß, was ihn erwartet und auf möglichst gut vorbereitet ist.
Nach der Kreuzbandriss Pause geht nichts ohne Muskeln
Wer meint mit nach einer Kreuzbandverletzung mit Bandage Fußball spielen zu müssen, ist noch nicht so weit – weder muskulär noch mental.
Abwechslungsreiches Training mit und ohne Ball
Dazu gehören neben dem Laufen und den Ballübungen auch Richtungswechsel-Läufe und vor allem auch statische Balancierungsübungen, Sprungübungen und Übungen für die Koordination.
Richtiges Aufwärmen vor den Fußballspielen
Es gibt erfolgreiche Programme für den Fußball zum Aufwärmen. Bei diesen Übungsprogrammen ist wissenschaftlich belegt, vorausgesetzt sie werden regelmäßig durchgeführt, dass sie bis zu 50 % der schweren Verletzungen verhindern können. Eines dieser Programme ist das Aufwärmprogramm „11+“. Hier werden viele Knie-Übungen speziell für den Fußball dargestellt.
Frühzeitig Auswechseln
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Fußballer im Spiel verletzt, ist drei- bis zehnmal höher als im Training und in der Halle sechsmal höher als auf dem Fußballfeld.
Verletzungen treten ermüdungsbedingt gehäuft gegen Ende der Halbzeiten oder zum Saisonende auf. Gerade in der Saisonvorbereitungsphase kommen gehäuft Kreuzbandrisse vor, ex-Kreuzband Patienten sollten in diesen Phasen umso vorsichtiger sein.
Weitere Artikel zur Pause nach Kreuzbandriss und die Rückkehr zum aktiven Sport.