Der Knorpelschaden im Knie gehört zu den häufigsten orthopädischen Krankheitsbildern in der medizinischen Praxis. Die Artikelserie beschreibt, was ein Knorpelschaden im Knie bedeutet, wie der Schaden entsteht und welche Therapieansätze für Knorpelschäden existieren.
Arten von Knorpelgewebe
Generell zählt der Knorpel zu den Binde- und Stützgeweben im menschlichen Körper. Es gibt unterschiedliche Arten von Knorpelgewebe. Entsprechend dem Vorkommen und der Funktion ist der Aufbau des Knorpels unterschiedlich.
Alle vorkommenden Knorpelarten bestehen aus Knorpelzellen (Chondrozyten) und einer die Zellen umgebenden Grundsubstanz. Je nach der Beschaffenheit der Grundsubstanz unterscheidet die Medizin folgende Knorpelarten:
- Hyaliner Knorpel: Er überzieht die Gelenkflächen und Teile der Knochen. Der hyaline Knorpel sorgt für eine glatte Gelenkoberfläche und schafft somit einen geringen Reibungswiderstand bei den Gelenkbewegungen. Zusätzlich hält er hohen Belastungen im Alltag stand und federt extreme Druckbelastungen ab.
- Faserknorpel: Diese Knorpelart muss neben hohen Druckbelastungen auch starken Zug- und Scherkräften standhalten. Das bekannteste Beispiel für einen Faserknorpel im Knie ist der Meniskus (Außen- und Innenmensikus); auch die Bandscheiben der Wirbelsäule bestehen aus Faserknorpel.
- Elastischer Knorpel: Das Knorpelgewebe zeichnet sich durch eine hohe Verformbarkeit und Elastizität aus. Er kommt beispielsweise in der Ohrmuschel und der Nase vor.
Hyaliner Knorpel im Knie
Die im Kniegelenk gegenüberliegenden Knochenanteile sind mit einer hyalinen Knorpelschicht überzogen. Der Knorpel im Knie enthält weder Blutgefäße noch Nerven – er kann also auf diesem Wege nicht ernährt werden. Die Versorgung des hyalinen Knieknorpels erfolgt per Diffusion, was bedeutet, dass die Nährstoffe vom Ort ihrer höheren zum Ort ihrer niedrigeren Konzentration passiv wandern. Die Ernährung des Knorpelgewebes muss indirekt durch Bewegung und Druck stattfinden. Fehlt eine ausreichende Gelenkbewegung – „verhungert“ der Knorpel langsam aber sicher. Die Nährstoffe, die der Knorpel zum Überleben benötigt, produziert die Gelenkschleimhaut (Synovia).
Ursache für Knorpelschäden im Kniegelenk
Die Ursachen für die Entstehung eines Knorpelschadens am Knie sind hauptsächlich:
- Sportverletzungen oder Arbeits- und Verkehrsunfälle
- Beinachsenfehlstellung (X- oder O-Bein), angeboren oder durch Bandinstabilitäten
- Langjährige Überlastung im Kniegelenk auch durch massives Übergewicht
- Verschleißerscheinungen des Knorpels in Folge des Alters.
Der Knieknorpel ist aufgrund seiner limitierten Regenerationsfähigkeit nicht in der Lage, den entstandenen Defekt selbst zu füllen. Das bedeutet ein Knorpelschaden im Knie „verwächst“ sich nicht – im besten Fall wird er nicht größer.
Knorpelschaden im Knie vs. Arthrose
Ein struktureller Knorpelschaden im Knie tritt häufig in Folge eines Traumas auf und ist von der Arthrose im Knie abzugrenzen: Als Kniearthrose (Gonarthrose) bezeichnen Mediziner den Gelenkverschleiß im Knie. Die klassische Arthrose im Knie entsteht auf Basis einer vermehrten und dauerhaften Belastung. Sie stellt eine Erkrankung des gesamten Kniegelenkes dar – da Knochen und Knorpel eine mechanische Einheit bilden. Nutzt sich der Knorpel dauerhaft ab, verändern sich auch die darunterliegenden Knochen, Gelenkinnenhaut, Bänder, Sehnen und letztlich die Muskeln.
Häufig wird ein Knorpelschaden retropatellar, d.h. hinter der Knieschiebe oder in den Laufflächen im Kniegelenk lokalisiert.
Akuter Knorpelschaden im Knie
Das Kniegelenk ist vermehrt von oberflächlichen Knorpel- und tieferliegenden Knorpel-Knochenschaden betroffen. Die akuten Knorpelschäden entstehen bei Sportunfällen, extremen Knieverdrehungen oder bei schwerwiegenden Verkehrs- oder Arbeitsunfällen. Hervorgerufen wird der akute Knorpelschaden durch kurzzeitig auftretende Druck- und Scherkräfte, die über der Belastbarkeitsgrenze des Knorpels liegen.
Entsprechend häufiger treten diese Art von Knorpelverletzungen bei jüngeren und sportlich aktiven Patienten auf. Es kommt zu einem abgegrenzten und klar lokalisierten Knorpelschaden – meist in der Hauptbelastungszone der Gelenkbewegung. Ähnlich eines Schlagloches in einer vielbefahrenen Straße:
Dieser Schadenstyp spricht auf die gängigen Behandlungsmethoden an, wenn ein kleiner, klar abgegrenzter Knorpelschaden im Knie vorliegt und der Knochen ansonsten gesund ist.
Eine weitere Ursache für einen Knorpeldefekte ist die Erkrankung Osteochondrosis dissecans (OD. Ein Knorpel-Knochenfragment löst sich spontan und ohne erkennbare Ursache aus dem Gelenkverbund und führt im fortgeschrittenen Stadium zu freien Gelenkkörpern. Bei der OD kommt es zum Absterben von gelenknahem Knochen im Knie mit nachfolgendem Untergang des über diesem Knochen liegenden Knorpelgewebes. Über den Spontanverlauf und die Ursache solcher lokal begrenzter Knorpelschäden ist noch wenig bekannt.
Chronische Knorpelschäden im Kniegelenk
Diese Art von Knorpelschäden im Knie ist eher Folge einer jahrelangen Überbelastung des Knorpels in den Hauptbelastungszonen. Ursachen können Übergewicht, hohes Lebensalter, frühere Knieverletzungen (Kreuzband-, Meniskus- und Knochenverletzungen) oder Kniegelenkfehlstellungen (O- oder X-Beine) sein.
Häufig wird die Arthrose erst bemerkt, wenn bereits großflächige Knorpelschäden vorliegen, die ihrerseits schon zu Anpassungsreaktionen im darunter liegenden Knochen geführt haben.
Auch nicht behandelte akute Knorpelschäden können zu einer weiteren Zerstörung der beteiligten Gelenkknorpelschicht führen und eine Kniearthrose einleiten. Ähnlich dem Schlagloch in der Straße, dass nicht repariert, durch die Fahrzeugbelastung im größer und tiefer wird.
Typische Symptome bei Knorpelschaden im Knie
Es bestehen Knieschmerzen in dem betroffenen Gelenkabschnitt mit Schmerzverstärkung bei Belastungszunahme. Je nach Schweregrad können Bewegungseinschränkungen, Stabilitätsverlust im Kniegelenk und Schwellungen dazu kommen. Ein unbehandelter Knorpelschaden kann langfristig schwerwiegende Folgen für das Kniegelenk haben.
Klassifikation von Knorpelschäden im Kniegelenk
Zur Beschreibung und Klassifikation von Knorpelschäden hat sich folgende Einteilung durchgesetzt:
Knorpelschaden im Knie mit Grad 0
Grad Null ist der Normalbefund, d.h. intakter Knorpel mit glatter weißer Oberfläche und guter Konsistenz und Härte.
Knorpelschaden im Kniegelenk mit Grad 1
Erste deutlich tastbare lokale Erweichung (Chondromalazie) und Schwellung des Knorpels. Die Oberflächenstruktur ist noch unversehrt und glatt. Keine Einrisse im Knorpelgewebe.
Knorpelschaden Knie mit Grad 2
Die Knorpeloberfläche ist aufgefasert („samtartig“) und mit feinen Einrissen durchzogen. Der zweitgradige Knorpelschaden kann stellenweise bereits die halbe Schichtdicke betreffen.
Schaden am Knieknorpel mit Grad 3
Tiefe Einrisse bzw. Krater im Knorpelgewebe mit instabilen aufgefaserten Rändern, die den darunterliegenden Knochen noch nicht erreichen. Deutliche tiefgehende Knorpelveränderungen auf breiter Fläche, die bereits die Vorstufe des kompletten Knorpelverlustes darstellen.
Knorpelschaden Kniegelenk mit Grad 4
Vollständiger Knorpelverlust („Knochenglatze“) bis auf den darunterliegenden Knochen. Die Knorpelläsion des vierten Grades stellt das Endstadium des Gelenkverschleißes dar. Der Knieknorpel ist bis zum Knochen abgenutzt und weißt ggf. zusätzlich Deformierungen und Schlifffurchen auf.
Knorpelschaden im Knie operieren – Teil 2 stellt Folgen von unbehandelten Knorpelverletzungen und Diagnostik vor. Knorpelaufbau im Knie – Knorpelschaden Behandlung – Teil 3 stellt im Detail die unterschiedlichen operativen Therapien dar. Die Knorpeltransplantation ist ebenfalls eine Möglichkeit zum Knorpelaufbau im Knie – Teil 4.