Die wichtigste Funktion der Kreuzbänder besteht in der Stabilisierung des Knies. Bei alle Bewegungen der Oberschenkelrolle auf dem Schienbeinplateau ist entweder das vordere oder hintere Kreuzband maßgeblich beteiligt. Weshalb die Kreuzbänder bei nahezu allen Bewegungen im Alltag und Sport, die Stabilität im Knie garantieren und wie ein Kreuzbandriss entsteht, erklärt dieser Beitrag.
Wieso das Knie ohne Kreuzband wackelt
Jedes Kniegelenk hat zwei Kreuzbänder, die von außen weder sicht- noch tastbar sind. Das vordere und hintere Kreuzband halten das Kniegelenk im inneren zusammen. Dabei verbinden sie die Gelenkflächen von Oberschenkel (Femur) und Schienbein (Tibia) und gehören damit zu den wichtigsten Strukturen, die dem Knie passiv Halt und Stabilität geben.
Das vordere Kreuzband (VKB) entspringt an der Innenseite der äußeren Oberschenkelrolle und zieht hier von hinten nach vorne zum Schienbeinplateau. Das hintere Kreuzband (HKB) reicht von der Außenseite der inneren Oberschenkelrolle und verläuft von vorne nach hinten unten zum Schienbeinplateau. Dabei kreuzen sich die beiden Bänder im Gelenkinneren – deshalb ihre Bezeichnung.
Weshalb ein gerissenes Kreuzband die Muskulatur erheblich fordert
Im Grundsatz verhindert das vordere Kreuzband, dass sich der Unterschenkel gegen den Oberschenkel zu weit nach vorne verschiebt. Das hintere Kreuzband begrenzt die Verschiebung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel entsprechend nach hinten.
Was ist ein Kreuzbandriss?
Ein vorderer oder hinterer Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) ist eine der häufigsten und schwerwiegenden Knieverletzungen. Bei einer Kreuzbandverletzung handelt sich entweder, um einen teilweisen oder kompletten Riss eines der beiden Kreuzbänder im Kniegelenk. Mediziner nennen diese Art von Kreuzbandverletzungen auch Partial- oder Komplettrupturen. Eine Sonderform stellt das elongierte Kreuzband dar, dies ist nicht gerissen, sondern „verlängert“.
Entsprechend verschiebt sich der Unterschenkel bei einem vorderen Kreuzbandriss vermehrt nach vorne, beim hinteren Riss gleitet der Schienbeinkopf verstärkt nach hinten. Eine erhebliche Verschiebung des Oberschenkels gegenüber dem Unterschenkel im Seitenvergleich weißt auf eine Kreuzbandverletzung hin.
Nach einer Kreuzbandverletzung fällt in aller Regel, die Verschiebung in der Bewegung größer aus. Jetzt muss die umgebende Bein- und Hüftmuskulatur vermehrt als Stabilisator im Kniegelenk einspringen. Wer den Weg ohne Kreuzband-OP (konservativ) gehen möchte, sollte seine Bein-, Hüft- und Rumpfmuskulatur intensiv trainieren. Gelingt diese Stabilisation nicht zufriedenstellend, sollte spätestens dann, über einen Kreuzbandersatz (Kreuzbandplastik) nachgedacht werden. Auch „alte“ Kreuzbandverletzungen lassen sich mit einer Sehnentransplantation operativ ersetzen.
Was im medizinischen Bericht für Kreuzbandverletzung steht und keiner kapiert
Im MRT-Bericht steht als Synonym für eine vordere oder hintere Kreuzbandverletzung:
- Kompletter Kreuzbandriss: Vollständige Kreuzbandruptur oder totale Kreuzbandruptur, Kreuzbandläsion, Kreuzbandschaden, KB-Ruptur.
- Teilweiser Abriss des Kreuzbandes: Inkomplette Ruptur am Kreuzband, Teilruptur VKB, Teilruptur HKB, Partialruptur. Manchmal steht da auch einfach, […“nicht durchgängig darstellbares Kreuzband (engl. ACL oder PCL)] etc.
Was es für Kombinationen einer Kreuzbandverletzung gibt
Mediziner unterscheiden bzw. klassifizieren einer Kreuzbandverletzung im Knie nach:
- Isolierte vordere oder hintere Kreuzbandverletzungen
- Komplexverletzungen des Kapsel-Band-Apparates mit Beteiligung des vorderen oder hinteren Kreuzbandes (u.a., Unhappy Triad, Innenbandriss plus vordere Kreuzbandverletzung).
Entsprechend sind komplexe Knieverletzungen (d.h.,Kreuzbandverletzung mit Begleitverletzungen) noch anspruchsvoller in der Rehabilitation. Spezielle Nachbehandlungsprogramme für diese Kniebinnenverletzungen, kannst du im Shop kaufen.
Wie sich eine verletztes Kreuzband in einer vorderen Schublade zeigt
Die deutliche Verschiebung des Ober- und Unterschenkels nennen Mediziner das vordere oder hintere Schubladenphänomen. Mein Video „Vordere Schublade nach zweiter Kreuzband-OP“ zeigt deutlich, wie diese Verschiebung nach vorne in der Praxis aussieht. Diese Aufnahme stammt nach meiner zweiten erfolglosen Kreuzband-OP – in meinem Fall war das vordere Kreuzband nicht gerissen, sondern nur elongiert (=verlängert). Ein elongiertes vorderes Kreuzband ist vergleichbar mit einem ausgeleierten Hosengummi. Dieser hält die Hose auch nicht mehr, obwohl der Gummi nicht gerissen ist – Ein elongiertes Kreuzband ist damit funktionslos.
Wieso das Knie rollt und auch gleitet
Das Kniegelenk verbindet den Ober- mit dem Unterschenkel. Das Knie wird als Drehwinkelgelenk bezeichnet, was so viel heißt, dass es sich in zwei Ebenen bewegen lässt:
- Ebene: Beugen und Strecken.
- Ebene: Drehbar nach innen bzw. außen – aber nur in der Beugung. Diese Drehung des Kniegelenks im gebeugten Zustand bezeichnen Mediziner als Innen- oder Außenrotation.
Konkret sieht das folgendermaßen aus: Bei der Kniebeugung gleitet die Oberschenkelrolle auf dem Schienbeinplateau nach vorne und rollt gleichzeitig nach hinten ab. Für diesen Gleitvorgang benötigt das Knie die Gelenkschmiere (Synovialflüssigkeit). Die synoviale Flüssigkeit umschließt, wie ein Gleitfilm alle knorpelüberzogenen Gelenkflächen und ermöglicht damit ein nahezu reibungsloses Gleiten des Knies.
Wie ein Kniegelenk ohne Kreuzband funktioniert
Um das Prinzip der Kreuzbänder im Kniegelenk zu veranschaulichen, legst du einfach den Mittelfinger deiner rechten Hand (als vorderes Kreuzband) über deinen rechten Zeigefinger (als hinteres Kreuzband).
Jetzt umfasst du mit deiner linken Hand, deine gekreuzten Finger und drehst die rechte Hand nach außen. Die entstehende Kraft, verfestigt deine gekreuzten Finger – das vordere Kreuzband wickelt sich verstärkt, um das hintere Kreuzband in der Knieaußenrotation. Damit stabilisiert sich das Kniegelenk in der Rotation nach außen.
Sobald du deine rechte Hand nach innen drehst, lockern sich die gekreuzten Finger und trennen sich. Das vordere und hintere Kreuzband wickeln sich quasi in der Innenrotation ab. Damit destabilisiert sich das Kniegelenk in der Innenrotation.
Jetzt muss die hintere Beinmuskulatur und die Hüftmuskulatur (u.a. Abduktoren) einspringen, sonst knickt das Kniegelenk nach innen weg und die Schwerkraft zieht das Bein zum Boden. Dies ist die gefürchtete Knie-Valgus Stellung (X-Beinstellung). Unfallfaktor Nr. 1 bei vorderen Kreuzbandrissen und Rerupturen (=erneute Kreuzbandverletzung).
Deshalb gilt eine gut trainierte hintere Bein- und Hüftmuskulatur, als eine der wichtigsten Präventionsmechanismen, nach einer vorderen Kreuzbandverletzung. In der Physiotherapie kommt diese Art von Training erfahrungsgemäß viel zu kurz. Darum empfehle ich dir, die Special-Edition des E-Books: Vernachlässigte Beinrückseite gezielt trainieren.
Wie sich eine Kreuzbandverletzung auf das Knie auswirkt
Bei einer Streckung oder Beugung im Kniegelenk, rollen und gleiten also Ober- und Unterschenkel gleichzeitig aufeinander. Diese Bewegung wird durch das vordere und hintere Kreuzband geführt.
Ist beispielsweise das vordere Kreuzband gerissen, dann gleitet die Oberschenkelrolle nicht mehr gebremst und kontinuierlich nach vorne. Deshalb haben Patienten mit einen vorderen Kreuzbandriss, vor allem Probleme beim Bergabgehen, Treppen runtersteigen usw.
Umgekehrt verhält es sich bei einem hinteren Kreuzbandriss, in diesem Fall gleitet die Oberschenkelrolle zu stark nach hinten. Dann macht vor allem das Bergaufgehen und Treppe raufsteigen schwieriger.
Mediziner sprechen in beiden Fällen von Gangunsicherheit, Weckknicken oder „Giving-Way“. Das bedeutet bei einem Riss im Kreuzband sind die Gelenkbewegungen nicht mehr so synchron, wie zuvor, weil die harmonische Roll-Gleit-Bewegung durch das gerissene Kreuzband gestört ist. Die Wechselbewegung vom ständigem Rollen zum Gleiten und zurück hängt maßgeblich von funktionsfähigen Kreuzbändern ab – also nicht gelockerten oder gerissenen Kreuzbändern.
Die Disharmonie des gleichmäßigen Gleitens des Schienbeinkopfes nach vorne oder eben nach hinten, kommt vor allem in der Beugestellung des Knies zum Tragen, dann wenn die beiden Seitenbänder (Außen- und Innenband) erschlafft sind.
Aber auch die Seitwärtsbewegungen (Rotationen) des Unterschenkels, begrenzen die beiden Kreuzbänder – besonders die Innendrehung wird durch das vordere Kreuzband (VKB) limitiert – ein Grund dafür, weshalb das VKB im Fußball oder beim Skifahren häufiger reißt.
Warum die Kreuzbandverletzung eine Gefahr für den Meniskus darstellt
Neben der Beugebewegung und der seitlichen Bewegung schränkt das vordere Kreuzband das Kniegelenk auch in der endgradigen Kniestreckung ein. Zusammen mit dem Innenband sichert das vordere Kreuzband in der Überstreckung das Kniegelenk vor dem Einknicken nach innen (sogenannte X-Bein oder Valgus-Stellung).
Ein gerissenes Kreuzband bewirkt, dass die sonst abgemilderten Schiebebewegungen im Kniegelenk sich verstärkt auf die Menisken und im späteren Stadium auf die Knorpelschicht auswirken. Deshalb raten Ärzte, besonders bei sehr aktiven Menschen mit gefährdeten Sportarten, zu einem vorderen oder hinteren Kreuzbandersatz (= Kreuzbandplastik). Denn gerade im Sport würde der Unterschenkel nur noch durch die umgebende Muskulatur abgebremst, was durch ruckartige oder schnelle Bewegungen nicht immer möglich ist. Die Folgen können Meniskusrisse oder ein vorzeitiger Verschleiß des Kniegelenksknorpels sein. Beim unerwünschten gleiten des Schienbeinkopfes nach hinten (HKB-Riss) kommen zusätzlich Probleme an der hinteren Knorpelfläche der Kniescheibe (Patella) hinzu.
Erfahre jetzt noch mehr über vordere Kreuzbandverletzungen und deren Behandlung (operativ und konservativ):
>>Keine Knieprobleme, trotzdem das Kreuzband operieren