Arthrose oder Verschleiß im Knie operieren – wann sinnvoll?

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Mai 27, 2014


Etwa 200.000 Mal im Jahr operieren Ärzte in Deutschland am Meniskus. Oft spüren Patienten nach der Knie-OP nicht sofort eine Besserung. Nicht selten bleiben die Knieschmerzen oder werden sogar stärker. Dann stellt sich häufig die Frage nach einer erneuten Kniearthroskopie – der Kreislauf beginnt.

Meniskusrisse entwickeln sich entweder durch Verletzungen, Unfälle oder durch Verschleiß. Eine plötzliche Drehbewegung belastet das Kniegelenk auf eine ungewohnte Weise, sodass ein vorgeschädigter Meniskus schnell reisst. Besonders ältere Menschen sind anfälliger für eine Meniskusruptur, da im Laufe der Jahre der Gelenkknorpel durch hohe Belastungen durch Arbeit und Sport rissiger wird.

Nicht jeder Verschleiß im Knie gehört sofort operiert

Nicht selten ziehen sich solche Fälle über einen langen Leidenszeitraum hin, so auch bei folgendem Beispiel:
Die Knie Geschichte von Herrn A., 52 Jahre, beginnt Mitte Dezember 2012 als er beim Abladen eines LKWs auf sein rechtes Knie stürzt.

Einen Tag später sucht Herr A. wegen anhaltender Knieschmerzen und der Tatsache, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt, seinen Arzt auf. Die klinische Untersuchung und das Röntgenbild zeigen einen unauffälligen Befund. Der Arztbericht erwähnt Verkalkungen am Meniskus. Solche Ablagerungen von Kalziumkristallen auf den Meniskusscheiben können zu Reibungen im Kniegelenk führen und die Knorpelschichten angreifen.

Die MRT-Untersuchung eine Woche später ergibt einen akuten Innenmeniskusriss im Hinterhorn ohne Dislokation (=Verschiebung von Gewebeteilen). Der Außenmeniskus sowie der restliche Bandapparat sind unauffällig. Herrn A. wird vom behandelnden Arzt eine Kniearthroskopie empfohlen, „…da es sich um einen BG-Unfall handele.“

Ende Dezember wird Herr A. am rechten Knie operiert. Im OP-Bericht steht: Alter, degenerativer Innenmeniskusriss, alte, ausgeheilte und vernarbte Bandverletzung, kein akuter Kniebinnenschaden, altersbedingte Knorpelabnutzung an der Kniescheibenrückseite (Grad 3 bis 4).

Der Operateur entfernt den gerissenen Teil des Meniskus und glättet den Knorpel an der Rückseite der Kniescheibe. Herr A. wird nach der ambulanten Knieoperation mitgeteilt, dass sein Knie stark geschädigt sei und er demnächst eine Knieprothese benötige.

Im weiteren Verlauf kommt es bei Herrn A. trotz Physiotherapie nicht zu einer Abnahme der Kniebeschwerden. Zweimal findet postoperativ noch eine Röntgenkontrolle im Januar und Februar statt.

Mitte Februar 2013 bittet Herr A. erneut um ein MRT, da seine Beschwerden im rechten Knie nicht nachlassen. Dieser Bitte wird vom behandelnden Arzt nicht nachgekommen. Herr A. beschließt eine zusätzliche ärztliche Meinung einzuholen.

Anfang März stellt sich Herr A. bei einem anderen niedergelassenen Orthopäden vor. Dieser Arzt veranlasst umgehend das MRT und verordnet eine Schiene.

Im MRT-Befundbericht steht: Deutlicher Gelenkserguss, trotz Knie-OP weiterhin ausgeprägte Anzeichen eines Innenmeniskusrisses.

Verschleiß im Knie - MRT Meniskusriss am Hinterhorn
MRT-Frontalschnitt: Verschleiß im Knie – Meniskusriss am Hinterhorn

MRT rechtes Knie (Frontalschnitt): Im eingekreisten Bereich wird der vormals operierte, aber immer noch vorhandene Meniskusriss sichtbar. Erkennbar ist dies an dem horizontal verlaufenden Spalt in der schwarzen, dreieckigen Struktur, welcher die Verletzung des Gewebes widerspiegelt.

Verschleiß im Knie - MRT Inneneniskusriss am Hinterhorn
MRT-Sagitalschnitt: Verschleiß im Knie – Innenmeniskusriss am Hinterhorn

MRT rechtes Knie (Sagitalschnitt). Hier ist ebenfalls der oben dargestellte Meniskusriss nachweisbar.

Im Verlauf erfolgt eine weitere röntgenologische Kontrolle im August 2013: Hier sind leichte arthrotische Veränderungen sichtbar. Meniskus und Knorpel sind naturgemäß im Röntgen nicht beurteilbar. Starke Anzeichen von Kniearthrose sind in beiden Aufnahmen jedoch nicht erkennbar

Ende 2013 steht Herr A. vor der Frage, ob eine erneute Arthroskopie sinnvoll wäre, da seine Beschwerden im rechten Knie mittlerweile zugenommen haben. Der Patient kann zu diesem Zeitpunkt nur noch 100 bis 500m am Stück gehen – oft begleitet von stechenden Schmerzen, insbesondere bei Belastung. Sport oder bestimmte Kniebewegungen sind unmöglich.

Verunsichert fordert Herr A. eine weitere ärztliche Meinung an, da er weder weiß, was eigentlich in seinem Knie kaputt ist, er sich auch nicht sicher ist, ob ein erneuter Eingriff notwendig ist und er Angst vor einer erneuten Verschlechterung der Problematik hat.

Diese Fragestellungen reicht Herr A. an das Online-Portal Medexo für medizinische Zweitmeinungen weiter.

Der Kniespezialist Prof. Pässler wertet die eingereichten Untersuchungsbefunde und den Fragebogens aus und gibt folgende Beurteilung ab (Auszug aus dem Zweitgutachten):

Auswertung der bildgebenden Untersuchungen

… MRT rechtes Knie vom März 2013:

Knorpel der Kniescheibenrückfläche altersgemäß normal kräftig, teilweise aber an der äußeren (lateralen) Fläche etwas unregelmäßig begrenzt als Hinweis für Knorpelschaden Grad 2.

Der Innenmeniskus ist im Hinterhornbereich teilentfernt mit einem persistierenden Horizontalriss, der bis auf die Meniskusaufhängung reicht.

Ausgeprägter Gelenkerguss. Das vordere Kreuzband stellt sich in allen Abschnitten regelrecht dar. Die in den vorliegenden Berichten beschriebenen narbig/ödematösen Veränderungen kann ich nicht sehen.

Ärztliche Beurteilung im Zweitgutachten

Folgendes kann ich an Ihrem rechten Knie erkennen:

  • Geringgradiger Knorpelschaden an der Kniescheibenrückfläche. Zustand nach Teilresektion eines sicherlich degenerativen Innenmeniskushinterhornrisses, wobei mindestens die Hälfte des Hinterhorns noch steht, jedoch einen Horizontalriss aufweist, der aber klinisch keine Bedeutung haben sollte.
  • Die Kreuzbänder sind einwandfrei, die Beschreibung einer Lambdaausheilung des vorderen Kreuzbandes ist zweifellos fehlerhaft. D.h. das vordere Kreuzband ist nicht am hinteren Kreuzband angewachsen.
  • Die Beschreibung im OP-Bericht eines 3.-4. Grad Knorpelschadens an der Kniescheibe ist offensichtlich eine Fehleinschätzung.

Eine neuerliche Kniearthroskopie halte ich für nicht angezeigt. Was sollte dabei auch gemacht werden? Sie sollten jetzt viel Radfahren und Kraulschwimmen, um Ihre Beinmuskulatur zu stärken. Krankengymnastische Übungen mit dem Erlernen von Dehnübungen der Beinmuskulatur sind angezeigt.

Folgen aus dem medizinischen Zweitgutachten

Herr A. sieht nun seinen Knorpelschaden an der Kniescheibenrückseite als bestätigt an, allerdings in einer weniger starken Ausprägung.

Sein Innenmeniskus weist einen Riss auf, welcher eher verschleißbedingt (degenerativ) als durch den Unfall entstanden ist. Der Meniskusriss selber ist nicht so stark ausgeprägt, dass er die von Herr A. beschriebenen Kniebeschwerden verursachen dürfte.

Die Kreuzbänder sind intakt. Auch ein „alter“ vorderer Kreuzbandriss ist nicht nachweisbar.

Herr A. ist nach der Zweitmeinung beruhigt und verzichtet auf eine erneute Knie-OP. Stattdessen intensiviert er die Physiotherapie und den Muskaufbau.

Ein Jahr später ergibt die telefonische Rückfrage von Medexo, dass sich die Kniebeschwerden bei Herrn A. verbessert haben. An eine Knieoperation denkt er zu diesem Zeitpunkt auf keinen Fall.

Fazit für Kniepatienten

Vor allem ältere Patienten, die wie Herr A. wegen anhaltenden Knieschmerzen zur schnellen oder erneuten Operation gedrängt werden, sollten sich Zeit nehmen – zumindest dafür, eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. So manchem bleibt damit ein sinnloser operativer Eingriff am Knie erspart.


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